Inspiriert von dem Buch „Warum wir Hunde lieben, Schweine essen und Kühe anziehen“ von Melanie Joy mache ich mir schon seit längerem Gedanken über die Macht der Verdrängung und die omnipräsenten Gegensätze, die uns tagtäglich fest im Griff haben. Gibt es sinnvolle Alternativen zum Leder?
Über die Macht der Verdrängung
So viele von uns kaufen ökologisches Hundespielzeug, schauen nach Bio-Stoffen für die Hundemäntel und achten darauf, dass das Futter und die Leckerli naturbelassen sind. Bei all den Bemühungen, fair zu agieren, vergessen wir oft, dass auch die Leinen, Halsbänder und unsere Schuhe oder Taschen aus Leder gemacht sind. Aus Leder, das in den seltensten Fällen aus verantwortungsvollen Quellen kommt. Meist stammt der Rohstoff von Tieren, die ihr Leben lang grenzenlose Grausamkeit erfahren und ebenso quallvoll sterben. Später wird die Tierhaut mit allerlei Chemie behandelt, die den Boden und die Gewässer verpestet und auch für den Menschen gefährlich wird, der sie trägt.
Der Unterschied zwischen Hundesteak und Schweinekotelett
Je mehr Gedanken ich mir diesbezüglich mache, desto entschiedener komme ich zu dem Schluss, dass man sich der Wahrheit endlich stellen und peu à peu mit den Kontrasten und Unstimmigkeiten in unserem Leben brechen soll. Es ist nicht in Ordnung, nicht zeitgemäß und nicht ehrlich, die eine Spezies – Hund oder Katze – auf den Altar zu stellen und anzubeten und die andere am gleichen Altar zu opfern. Sicher, es geht nicht von heute auf morgen, Tabus – sobald man mit ihnen bricht – sind schließlich hartnäckig, unbequem und schmerzhaft. Nur wie lange erträgt unser Hirn diese Art der hartnäckigen Bipolarität, der tiefen, weil anerzogenen und sozial geduldeten Schizophrenie? Wie lange gelingt uns, die Welt mit zweierlei Maßstäben zu messen? Brechen wir nicht irgendwann mal vor lauter Bewusstseinsspaltung und Inkonsequenz zusammen?
Vegan oder nicht vegan? Was ist die Alternative?
Nicht jeder muss gleich zum Veganer werden. Dass das jemals passiert, ist auch vollkommen utopisch, doch mehr Umweltbewusstsein und Respekt für die sogenannten Nutztiere würde jedem von uns gut tun. Einer der Wege, mit kleinen Schritten die Tierausbeutung zu reduzieren, wäre in meinen Augen, auf Gegenstände aus Leder zu verzichten. Schuhe und Taschen müssen keinesfalls aus Leder sein! Auf dem Markt gibt es mittlerweile zahlreiche Alternativen, die nicht nur tierleidfrei, sondern stylisch und robust sind. Meine neueste Entdeckung heißt DOGO, eine der angenehmsten Methoden, mit alten Gewohnheiten – nämlich Lederschuhe oder – taschen zu kaufen -, zu brechen. Es wie Abnehmen mit Schokolade…
Vegane Schuhe für Individualisten
Grinsende Katzen, hüpfende Strichmännchen, prominente Gesichter oder abstrakte Stadtkulissen – die Schuhe der türkischen Marke DOGO, die ich zufällig im Web entdeckt habe, haben mich mit ihren bunten Farben und individuellen Mustern sofort begeistert. Der rechte Schuh gleicht dem linken nur selten, beide zusammen erzählen aber immer eine Geschichte. Mal süß und romantisch, mal düster und zurückhaltend, mal kindlich oder tierisch – unter dem Slogan „Personalize your life“ bietet das 2006 in Ismir gegründete Label ein Schuhwerk für Individualisten. Und Weltverbesserer. Was nämlich viel weniger als die lebhaften Dessins auffällt, ist das Material, das auch die Philosophie der Marke ausmacht: Bei DOGO sind die Schuhe (und seit kurzem auch Taschen) vegan.
Fußkleidung wie im Märchen
Die Idee der tierleidfreien Fußkleidung kommt von Gökhan Peksari, der für sein Label nicht nur einen tierischen Namen gewählt hat – das spanische Wort Dogo bedeutet übersetzt Dogge -, sondern sich auch für Tiere aktiv engagiert. „Geht man mit Gökhan spazieren, fragt er in jedem einzelnen Lokal nach Essensresten für die Straßenhunde“, erzählt Hani Kilech, freiberuflicher Pressesprecher der Firma. Nach den Hintergründen der veganen Vision gefragt, antwortet er allerdings recht neutral: „Unsere Welt bietet heutzutage zahlreiche Alternativen zu tierischen Produkten, denen wir aufgeschlossen gegenüberstehen“. Allerdings werden längst nicht alle veganen Materialien auch angenommen. „Schuhe aus Papier beispielsweise haben in Deutschland leider gar nicht funktioniert, obwohl das Produkt in anderen Märkten, wie der Türkei sehr begehrt ist. In Deutschland waren weder der Handel noch die Gesellschaft soweit, unser Nischenprodukt anzunehmen“, sagt Hani Kilech. Deswegen setzen die Hersteller hierzulande auf Baumwolle, Leinen, Lederimitat und Alcantara, einen High-Tech-Mikrofaserstoff. Für den Aufdruck der Motive kommt eine lösungsmittelfreie Farbe zum Einsatz.
Tierleidfrei, aber aus Erdöl: Eines Todes stirbt man immer
Eine bittere Pille muss der umweltbewusste Fan von DOGO aber doch noch schlucken: Sowohl Alcantara als auch Kunstleder greifen in ihrem Ursprung auf das Erdöl als eine endliche Ressource zurück. Es ist ein allzeit bekanntes Dilemma: Wer auf tierische Produkte verzichten will, muss oft auf Kunststoffe ausweichen, die in Stärke und Beschaffenheit den Naturprodukten überlegen sind. Der „achtsame Umgang mit vorhandenen Naturressourcen und die nachhaltige Produktion“, die das Unternehmen auf der eigenen Webseite für sich reklamiert, „beziehen sich auf die Tierwelt“, betont Hani Kilech.
Das Leben diktiert die Schuh-Designs
Hundehalter, die Wert auf die ganze Tierwelt – und nicht nur die der Haustiere – legen, finden bei DOGO derzeit 3500 unterschiedliche Prints, die von sechs Designern entwickelt werden. Selbst, wenn jeder sich für bestimmte Styles verantwortlich zeichnet, werden sie im Kollektiv besprochen. „Steht ein Entwurf, wird er in die Mitte eines Tisches geworfen. Verbesserungen werden dann mit Stiften aufgezeichnet“, erklärt der Pressesprecher. “Unsere Designer recherchieren unentwegt und ein Design stellt fast schon ein Stück ihres eigenen Lebens dar. Es sind Geschichten, Reisen und Erlebnisse aus dem engsten Freundes- und Familienkreis, die einen Designer Ideen bringen.“
Vegane Schuhe mit Designs nach Wunsch
Den Slogan „Personalize your life“ nehmen die Macher von Dogo aber auch ernst. „Wer sich auf unserer Facebook-Seite ein Design wünscht, darf sich nicht wundern, es irgendwann tatsächlich in den Händen zu halten“. DOGO ist mittlerweile in zehn Ländern vertreten, nach der Türkei ist Deutschland der zweitgrößter Markt. Nach der Eröffnung des Monobrand Stores in Berlin 2012, stehen auch weitere Standorte auf dem Plan, darunter Hamburg, Köln, Düsseldorf, München und Frankfurt. Für die Hundehalter sind vor allem Sneakers, Halbschuhe und Boots geeignet. „Boots sind besonders robust und bieten dank der profilierten Sohle einen festen Halt“, so Hani Kilech.
Auf den Konsum von Fleisch und Fisch zu verzichten, ist für manche sehr hart. Noch härter ist es, konsequent vegan zu leben. Zu den DOGOs zu greifen, verlangt es aber nach keinen Opfern. Kein Entsagen, keine Askese, kein Verzicht. Wäre der richtige Weg doch immer so leicht….