Hundeseifen – oder feste Hundeshampoos, wie sie auch oft genannt werden – gewinnen bei den umweltbewussten Tierhaltern mehr und mehr an Popularität. Nicht ohne Grund. Handgesiedete Naturseifen garantieren nicht nur gesunde Fellpflege – sie sind auch besonders umweltschonend. Schließlich werden sie ressourcensparend hergestellt, bestehen aus naturbelassenen Zutaten und verzichten gänzlich auf Plastikverpackung. Ich habe die LindGrow Manufaktur in der Prignitz besucht und den Gründerinnen über die Schulter geschaut.
Hinter den Kulissen einer Seifensiederei
Dickflüssig, gelblich, warm. Wie ein leicht klumpiger Vanillepudding sieht die breiige Flüssigkeit aus. Wäre nicht der intensive Geruch von ätherischen Ölen und der etwas beißenden Lauge in der Luft, könnte das hier eine Großküche sein. In einem 60 Liter-Kochtopf schmilzt Kokosnussöl vor sich hin, in den Wandregalen stehen dutzende säuberlich beschriftete Flaschen. Den halben Tisch in der Mitte des Raumes nimmt ein Profi-Stabmixer in Anspruch, der fast schon wie eine Bazooka aussieht. In der Ecke steht ein Schneidetisch mit einer Art Käsehobel. Doch was auf dem Brett liegt und nach Parmesansplittern aussieht, sind Seifenspäne, und was einem Vanillepudding ähnelt, ist die frisch gerührte Seifenmasse.
Die Seifenmacherin: „Ich liebe meinen Job“
Die Herrin des duftenden Reiches heißt Bernadette Linden und ist eine leidenschaftliche Seifenmacherin. Energisch wuselt sie in dem kleinen Raum: wiegt die Zutaten ab und verrührt sie miteinander, hantiert mit Geräten, zieht Schrauben einer Vorrichtung nach. Sie scheint ganz in ihrem Element zu sein. „Ich liebe, was ich tue“, sagt die Nordrhein-Westfälin. „Es ist genau mein Ding: Mit den Händen etwas Gutes zu erschaffen und mit dem Kopf Neues zu entwickeln. Marketing oder Kundenservice machen mir bei weitem nicht so viel Spaß“.
Eben diese Bereiche – neben E-Shop und Versand – hat passenderweise ihre Tochter Meike unter den Fittichen. Beim Verpacken helfen dem Frauen-Duo mehrere freie Mitarbeiter.
„Meine Mutter ist die Inhaberin, lässt mir aber freie Hand. In meinem Leben habe ich nur einmal Seife gemacht und das reicht mir auch. Es ist wie mit dem Backen – das liegt mir nicht“, sagt die 32-Jährige. Eine perfekte Symbiose also: Jeder macht genau das, was er am liebsten mag. „Mit Ausnahme der Buchhaltung“, ergänzt Bernadette. „Die ist auch für mich keine Erfüllung.“
Seifensieden: Zwischen Labor und Küche
Was sie wirklich erfüllt, ist das Seifensieden. Bevor der „Pudding“ – also die noch flüssige, immer cremiger werdende Seifenmasse – entsteht, sind mehrere Schritte und viel Geduld erforderlich. Erst bereitet die Geschäftsführerin der LindGrow Manufaktur die Lauge vor: Dazu rührt sie langsam und vorsichtig Natriumhydroxid (NaOH) in destilliertes Wasser ein. Eine umgekehrte Reihenfolge – Wasser in Natriumhydroxid – könnte eine Explosion zur Folge haben. Während sich die Lauge von alleine erhitzt, muss sie immer wieder gerührt werden, damit eine gesättigte Lösung entsteht. Parallel schmelzt Bernadette in einem Kochtopf festes Fett wie Kokosnussöl, Kakaobutter oder Sheabutter und vermischt es anschließend mit flüssigen Pflanzenölen in Zimmertemperatur, wie z.B. Sonnenblumen- oder Olivenöl. Dadurch kühlt das erwärmte Fett ab. Hat der Fett-Mix etwa eine Temperatur von 50°C, gibt Bernadette die inzwischen etwa genauso warme Lauge behutsam, mit einer Schutzbrille und Atemmaske gewappnet, dazu. Jetzt ist ständiges Rühren angesagt, damit der Verseifungsprozess in Gang kommt. Am Ende landen im Topf noch die zuvor abgewogenen ätherischen Öle. Sobald die Flüssigkeit einem breiigen Vanillepudding ähnelt, wird sie in eine große, etwa 40 kg fassende Seifenform abgefüllt.
Die geduldigen Seifen
Wie die meisten Geräte in LindGrows „Küche“ ist die Seifenform eine Spezialanfertigung. Auch der Seifenschneider oder der erhöhte Kipptopf wurden den besonderen Anforderungen der Seifenproduktion angepasst. „Solche Vorrichtungen, wie wir sie benötigen, gibt es auf dem Markt nicht“, erklärt Bernadette. Früher reifte ihre Seife in deutlich kleineren Holzkisten. Heute wird sie in den geräumigen Würfeln „schlafen gelegt“, meint die Seifenkünstlerin und verpackt die Seifenform sorgfältig in Baumwoll-Laken. „So kann die Wärme nur langsam entweichen und der Verseifungsprozess wird optimiert. Wenn die Seife nämlich zu schnell abkühlt, besteht die Gefahr, dass sie bröckelig wird.“ Nach zwei bis vier Tagen Abkühlung schraubt Bernadette die Wände der Seifenform auseinander und schiebt den etwa 40 Kilogramm schweren Seifenblock mit Hilfe eines Lifters auf die Schneidevorrichtung. Hier wird er in schmale, etwa 40 cm lange Stangen geschnitten, denen dann der überdimensionierte „Eierschneider“ zu Leibe rückt. Das Ergebnis sind einzelne Seifenstücke, deren Kanten anschließend noch mit einem zweckentfremdeten Sparschäler entgratet werden. Nachdem jedes Seifenstück noch einen „Joveg“-Stempel eingedrückt bekommt, wandert es für vier bis sechs Wochen ins Lager. Trocknungskur sozusagen.
Naturseifen wieder normal
Bernadettes erste Naturseifen erschienen bereits 2005 auf dem Markt. Damals wurden sie im nordrhein-westfälischen Kreuztal produziert, wo sie früher wohnte. „Als wir vor 15 Jahren angefangen haben, war das eine Pionierarbeit“, erinnert sich die Tochter Meike, die damals noch Schülerin war. „Inzwischen haben wir mit unseren Hunde- und Pferdeseifen bei den Tierpflegeprodukten längst Fuß gefasst und müssen auch die Anwendung nicht mehr erklären. Es war ein steiniger Weg, unsere Produkte auf den Markt zu bringen und den Tierbesitzer davon zu überzeugen, dass man das Fell auch mit einem festen Shampoo waschen kann. Heute ist es für den Menschen zum Glück wieder Normalität geworden, ein Seifenstück zur Pflege für sich selbst und sein Tier zu benutzen.“
Vierseitenhof in der Prignitz
Obwohl die Manufaktur 28 Seifen für den Menschen und nur halb so viele Hunde- und Pferdeseifen im Sortiment führt, entfällt der größte Umsatz auf die tierischen Produkte. Mittlerweile verlassen 20.000 Seifen jährlich die Prignitzer Manufaktur. Diese liegt auf einem wunderschönen Vierseitenhof, der neben mehreren Wirtschaftsgebäuden, einer Ferienwohnung und einer Pferdekoppel auch über ein bewohntes Storchennest verfügt. Wer sich nach Groß Pankow, etwa 140 Kilometer von Berlin entfernt, verirrt, wird einen wunderbar entspannten Ort vorfinden: Einen historischen Bauernhof, der von ländlicher Idylle nur so strotzt und von den wunderbaren Düften der Naturseifen erfüllt ist.