„House of Dogs“, die neue Berliner Hundemesse ist nach zwei ereignisreichen Tagen am Sonntagabend, den 12. Juni zu Ende gegangen. Mit 110 Ausstellern auf zwei Stockwerken, etwa 50 Fachvorträgen und der Wahl zum charmantesten Mischling der Hauptstadt hat das Hunde-Event ein spannendes Rahmenprogramm und eine hochwertige Verkaufsplattform geboten. Die Premiere von „House of Dogs“ war durchaus gelungen.
Zwischen rosa Dosen und Rinderragout im Glas
Wer die Überdimensionen der Nürnberger Interzoo mit ihren 115.000 qm Ausstellungsfläche oder die meist uncharmanten, lieblosen Hallen von „Mein Hund“-Messen kennt, wäre von „House of Dogs“ in Berlin begeistert. Die neue Hundemesse in der Hauptstadt öffnete ihre Tore am 11. und 12. Juni im zentral gelegenen alten Postbahnhof, zwei Kilometer vom Alexanderplatz entfernt.
Charme der Vergangenheit mit modernem Lifestyle
Das über 100 Jahre alte Backsteingebäude bot den 110 Ausstellern, die bei der Hundemesse ihre Produkte und Dienstleistungen präsentiert haben, eine stimmungsvolle Kulisse: Das raue Industriedesign, die imposanten Stahlkonstruktionen, das dunkle Klinker der Fassaden, die riesige Sonnenterrasse und der übergroße, alte Warenaufzug verliehen dem Hundeevent einen coolen Charakter.
Das historische Ambiente kam allerdings von außen und im Hof deutlich besser zur Geltung, als innen, wo doch sehr viel Trubel und recht hoher Lärmpegel herrschte. Während das Erdgeschoss etwas dunkler, unaufgeräumter und gedrängter auf mich wirkte, bot das lichtdurchflutete Obergeschoss mit seinem „Luxus-Bereich“ eine deutlich angenehmere und – von den Preisen der angebotenen Hundeaccessoires her – eine edlere Alternative.
Medien im Blick
Dass die „House of Dogs“-Initiatorin Anette Petzoldt keine Anfängerin ist, war mir recht schnell klar: Schon lange im Vorfeld der Hundemesse war die Kommunikation sehr professionell und die Terminorganisation auf die Meinungsträger konzentriert: Von der Pressekonferenz über Bloggertreffen bis zur organisierten Führung durch die Hallen wurden die Medienvertreter fleißig bei Laune gehalten. Und beim Glas hausgemachter Limonade am Samstagvormittag hat die gebürtige Mannheimerin auch hinter die Kulissen ihrer Messe blicken lassen.
Messeprofi am Werk
Anette Petzoldt ist ein Messeprofi durch und durch: Mit 30 Jahren Messeerfahrung und der eigenen erfolgreichen Bildungsmesse „Horizon“, die sie seit 2006 betreibt, hat sie auch ihr neues „Baby“ souverän das Licht der Welt erblicken lassen. „Wir wussten, dass der Markt groß ist, sind aber bei der Recherche aus dem Staunen nicht gekommen, welche Bandbreite das Thema Hund tatsächlich bietet“, sagte Annete Petzoldt beim Bloggertreffen. Ihr Messe-Knowhow – und die nötige Hunde-Freakness – hat sie nicht nur in dem professionell aufgezogenen Messemagazin, sondern auch in dem spannenden Rahmen-Programm bewiesen. „Auf das Programm bin ich ganz besonders stolz“, gab die Geschäftsführerin zu. Wie ich finde, sehr zurecht. Dank zahlreicher Vorträge und Vorführungen ist das „House of dogs“ keine reine Verkaufsveranstaltung gewesen, sondern eine moderne Fachmesse, die neben Hundefutter & Zubehör auch die Bereiche Erziehung & Auslastung, Ernährung & Gesundheit, Wellness & Pflege sowie Soziales & Gesetz umfasste.
Hundetraum in Rosa
Einen wachen Blick auf die aktuelle Entwicklung im Bereich Hundefutter und -zubehör bewies die Schirmherrin der Messe, Maja Prinzessin von Hohenzollern. Mit ihrer neu gelaunchten Kollektion für tierische Prinzen (in Grau) und Prinzessinnen (in Baby-Rosa) trifft die (angeheiratete) Hohenzollerin wohl den Geschmack der breiten Masse, die sich von der quasi-royalen Herkunft der Rosa-Dosen, Rosa-Leinen und Rosa-Hundethrons sicherlich beeindrucken lässt. Die leicht aufgedreht wirkende Prinzessin präsentierte an ihrem ganz im Barbie-Stil gehaltenen Rosa-Stand die Produkte der „Royalen Fresskultur & Fellness“, die auf Zucker, Konservierungsstoffe und Lockmittel sowie Genmanipulation und Tierversuche verzichten. In vielen Fällen kommen die zuckersüßen Döschen auch ohne Gluten und Getreide aus und in manchen sogar ohne Fleisch, wie bei der veganen Bio-Gemüsemischung oder der vegetarischen Sorte mit Ei.
Was für die Menschen gut ist, muss auch den Hunden gut bekommen, dachte sich die 44-Jährige offenbar und setzt bei ihrem Nassfutter und Leckerlis auf Powerfood und moderne Lifestyle-Trends: Convenience-Produkte in Einweg-Verpackung. So darf sich der moderne Hund neben seinem am Coffee-to-go schlürfenden Halter in ein Hunde-Croissant verbeißen oder ein Geflügel-Müsli verspeisen.
Die „Breakfast to go“ oder „Lunch to go“ Boxen bieten mundgerechte Stückchen in einem kompostierbaren Hundenapf aus Zuckerrohr, verpackt in Folie aus Grasfasern: knapp 300 g für 4,99 EUR. Ein wahrlich royaler Preis.
Für Geburtstagskinder unter den Vierbeinern gibt es fertig gebackene Hundekuchen aus der Dose inklusive Leckerli-Topping und einer Kerze, die leider nicht essbar ist. Das fürstliche Zubehör umfasst Leinen, Halsbänder sowie Throns und Betten mit Baldachin, die in geschäftstüchtig-cleverer Kooperation mit Trixie hergestellt und vertrieben wird. Die Trixie Heimtierbedarf GmbH & Co. KG ist ein norddeutscher Konzern, der das vergangene Jahr mit einem Umsatz von 120 Millionen Euro abschloss. Kein falsches Pferd, auf das die mit bürgerlichem Namen Maja Synke Meinert gesetzt hat.
Gut bürgerlich statt adelig
Wer es weniger royal und dafür individueller und nicht ganz so rosa mag, fand bei „Lilli & Lollo Berlin“ wunderschöne Kissen und Matten, bei „Luxus Pfote“ bestickte Sofas, kuschelige Decken und hochwertige Outdoor-Betten und bei Dogcoats Winter- und Regen-Hundemäntel nach Maß. Etwas länger bin ich bei „Darlings Liitle Place“ stehen geblieben, weil mir die riesigen XXL-Hundekissen ins Auge fielen. Die ursprünglich für irische Wolfshunde entwickelten Betten verbinden strapazierfähige Bezüge in sieben farblichen Ausführungen mit flexibel gestaltbarem Inhalt. Das Inlett besteht aus zwei getrennten Schichten: einer gesteppter, stabiler und einer kuschelig-bauschiger Lage. Beide sind durch Baumwollbänder miteinander verbunden und können je nach Kundenwunsch flacher oder voller ausfallen. Das dezente Design der Bezüge hat den Anspruch, jedes Wohnambiente stilvoll zu ergänzen. Zu dem Hundebett in verschiedenen Größen gibt es auch passende Sitzkissen für die Couch – eine witzige und stilistisch ausgeklügelte Idee, wie ich finde.
Prio Nr. 1: Den Bauch voll schlagen
Die größten Schlangen haben sich wie immer bei den Futter-Produzenten gebildet: Die dauernd leeren und beinahe grenzenlos dehnbaren Hundemägen mussten ja schließlich gefüllt werden.
Mein Interesse weckte die vor kurzem gegründete Firma „Schlemmermaul“ aus Bayern. Anders als die Konkurrenz setzen die Nürnberger auf Gläser statt Dosen: Das lässt den Käufer den Inhalt leicht begutachten und reduziert den Müll, weil Glas nach seiner Entsorgung recycelt wird. Zurzeit bietet „Schlemmermaul“ drei Menü-Sorten: Hühnerfrikassee, Rinderragout und Pferdetopf mit jeweils 60,5 % Fleisch aus Muskeln und Innereien, ergänzt um Möhren und / oder Kartoffeln. Die an den menschlichen Speiseplan angelehnte Nomenklatur ist nicht zufällig: Der Produzent setzt ausschließlich auf Fleisch in Lebensmittelqualität und gestaltet die Gläser bewusst wie für die Zweibeiner. Das Hühner- und Rindfleisch kommen aus der unmittelbaren Nürnberger Umgebung, das Pferdefleisch aus Essen. Ein 400 g Glas kostet 3,99 EUR, 200 g 2,99 EUR, bei Bestellung von 30 Stück reduziert sich der Preis auf 3,50 EUR bzw. 2,50 EUR pro Glas. In dem immer unübersichtlicher werdenden Dickicht von beinahe monatlich entstehenden Hundefuttermarken hat uns „Schlemmermaul“ mit seinen Gläsern und dem Verzicht auf exotisches Fleisch, das vom weiten transportiert werden müsste, sehr positiv überrascht.
Zusatzstoffe in Rationsbeuteln
Wer dem Hundefutter noch hochwertige Zusatzstoffe hinzugeben will, kann zu den Nahrungsergänzungsmitteln der neu gegründeten Firma „Nutriday“ greifen. Die kleinen Tüten enthalten natürliche Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente aus frischem Obst, Gemüse und Kräutern. Das Konzept des Berliner Start-Ups ist einfach: Rationsbeutel aufreißen und über das Futter streuen. Die Idee finde ich zwar praktisch, aber leider nicht zeitgemäß: In der Ära der immer größer werdenden Abfallmengen sollen wir möglichst auf Einweg-Verpackung verzichten. Schöner fände ich ein großes Glas mit passendem – und kompostierbarem – Löffel für verschiedene Pulvermengen und einer ökologisch sinnvoller Nachfüll-Packung.
Futter für die grauen Zellen
Wer nicht nur den Bauch, sondern auch seine Hirnzellen füttern wollte, kam bei „House of Dogs“ leicht auf seine Kosten. Der Hamburger Verlag „City Dog“ sorgte mit seiner Berliner Ausgabe des Print-Magazins für spannende Artikel und aktuelle Tipps rund um Hund. Die besten Gassi-Touren und Beschäftigungsmöglichkeiten für den Hundehalter in der Stadt verriet Melanie Knies in ihren Büchern „Berlin geht Gassi“ (Verlag Wild Urb) und „Das Klugscheißer-Hundebuch“ (Verlag Fred & Otto). Im Buch „Gespräche über Hunde – Eine Collage“ des kleinen Berliner Verlags „Sinnreich & Schweitzer“ lauschte man realen Gesprächen über das Freud und Leid der Hundehalter.
Berliner Hundegesetz: Ein Ende mit Schrecken oder Schrecken ohne Ende?
Auch das hochaktuelle und sehr umstrittene Berliner Hundegesetz fand seinen Platz auf der Bühne. An einer knapp anderthalbstündigen Podiumsdiskussion nahmen Politiker und Hundeexperten teil: Vorsitzende des Berliner Tierschutzvereins Ines Krüger, Verbraucherstaatssekretärin Sabine Toepfer-Kataw (CDU), Dogwalker Thomas Bursch, Rainer Schröder vom Berufsverband der Hundeerzieher und Verhaltensberater sowie Ann Kari Sieme von der Bürgerinitiative „Berliner Schnauzen“. Die Tierprofis kritisierten das geplante Hundegesetz und forderten mehr Auslaufgebiete für Hunde. Wenn man einerseits Leinenzwang anordnet und andererseits die Freiflächen für Hunde begrenzt, sei eine artgerechte Haltung nicht möglich. Ines Krüger kritisierte, dass der Tierschutz in dem neuen Hundegesetz zu kurz käme. Staatssekretärin Sabine Toepfer-Kataw sagte, dass für die Entwicklung solcher Flächen extra Geld in den Haushalt eingestellt worden sei.
Hund in Bildern
Neben den politisch Engagierten hatten auch Kunst- und Beinahe-Kunst-Liebhaber etwas zu schmökern. Aufgefallen sind mir die stilvollen Hunde-Zeichnungen von Sally Muir, die ihre Werke am Stand von bridgeman images, einer internationalen Fotoagentur ausgestellt hat. Leider lebt und wirkt die Künstlerin im britischen Bath – vielleicht ist aber eine Online-Bestellung möglich, ihre Bilder haben nämlich wirklich Klasse.
Mehr: www.sallymuir.co.uk
Spannende Fachvorträge und schlechte Akustik
Das parallel stattfindende Rahmen-Programm auf der Showfläche, der Bühne und im Grünen Saal lieferte wertvolle Einblicke in die Hundegesundheit, Erziehung und Beschäftigung. So informierten „Die Tierärzte im Notdienst“ über das Thema Impfen, 1. Hilfe, Homöopathie, Barfen oder Sterbebegleitung. Die Rechtsanwältin und Tierrecht-Expertin Christine Frey übersetzte die kryptischen Paragraphen im Bereich Beißvorfälle und erläuterte die Rechtsprechung bei Scheidungsopfer Hund. Einzig die schlechte Akustik des Grünen Saals und die störende Geräuschkulisse der nahe gelegenen Showfläche machten das Zuhören schwierig.
Die Trainings- und Agility-Vorführungen sowie die Wahl zum charmantesten Mischling Berlins waren zwar gut besucht, akustisch aber auch äußerst präsent. Gespräche mit den Ausstellern waren deswegen bisweilen äußerst anstrengend. Auch die Gesangeinlagen des Berliner Salontenors Daniel Malheur, der den Contest moderierte, fand ich fehl am Platz. Dieser fehlte bei „House of Dogs“ etwas: Wäre das Hundeevent etwas luftiger, wäre die Lärmbelastung vielleicht etwas niedriger.
Sonst: Daumen hoch für „House of Dogs“. Ich bin sehr auf die 2. Auflage gespannt.